2 Minuten Lesezeit 01. Oktober 2025

Sozialversicherungen

Unfallversicherungspflicht von Verwaltungs- und Stiftungsratsmitgliedern

Rechtliche Stellung

Sowohl der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft als auch der Stiftungsrat einer Stiftung sind Organe der jeweiligen juristischen Person. Die Aufgaben der beiden Organe sind jedoch unterschiedlich geregelt: jene des Verwaltungsrats im Obligationenrecht, jene des Stiftungsrats gemäss Zivilgesetzbuch in der von der Stifterin oder dem Stifter erstellten Stiftungsurkunde. Bei Vorsorgeeinrichtungen ergeben sich für den Stiftungsrat weitere Pflichten aus den Bestimmungen im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG). Während die Aktiengesellschaft i. d. R. einen gewinnorientierten Betrieb führt, handelt es sich bei der Stiftung um ein Vermögen, welches einem besonderen Zweck gewidmet ist. Das Obligationenrecht auferlegt dem Verwaltungsrat weitreichende Rechte und Pflichten, wie etwa die strategische Leitung der Aktiengesellschaft, die Vertretung gegen aussen, die Oberaufsicht und Ernennung der mit der Geschäftsführung betrauten Personen sowie weitere organisatorische Aufgaben. In der Praxis sind in vielen Aktiengesellschaften ein oder mehrere Mitglieder des Verwaltungsrats auch operativ im Betrieb der Aktiengesellschaft tätig. Die Aufgaben und Pflichten des Stiftungsrats ergeben sich dagegen weitgehend aus der Stiftungsurkunde und einem allfälligen Organisationsreglement der jeweiligen Stiftung. Das Zivilgesetzbuch enthält dazu nur wenige Ausführungsbestimmungen. Auch dem Stiftungsrat kommt die Oberleitung der Stiftung und die Vertretung gegen aussen zu. Er verfolgt das Ziel, den Stiftungszweck optimal zu erreichen, und darf das Vermögen ausschliesslich entsprechend dem Stiftungszweck verwenden. Bei steuerbefreiten gemeinnützigen Stiftungen besteht noch immer in vielen Kantonen die Praxis, dass Stiftungsratsmitglieder unentgeltlich für die Stiftung tätig sein müssen.

Sozialversicherungsrecht

Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht wird ein Verwaltungsratsmandat als unselbstständige Tätigkeit betrachtet, das Honorar qualifiziert daher als AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen. Die gleiche Betrachtung trifft auch auf Honorare oder Sitzungsgelder von Stiftungsratsmitgliedern zu. Generell werden Entschädigungen, welche Organen von juristischen Personen zukommen, als massgebender Lohn aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne der AHV qualifiziert. In Bezug auf die obligatorische Unfallversicherung (UVG), die den gesamten Lohn bis zu einer Obergrenze von aktuell CHF 148 200 deckt, bestehen jedoch Unterschiede. Gemäss Art. 2 Abs. 1 Bst. f der Verordnung zum UVG unterstehen die Mitglieder von Verwaltungsräten, welche nicht zusätzlich im Betrieb tätig sind, für diese Tätigkeit nicht der obligatorischen Unfallversicherungspflicht. Für Mitglieder von Stiftungsräten besteht jedoch keine analoge gesetzliche Ausnahme von der obligatorischen Unfallversicherungspflicht. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass Personen, welche mit ihrer Arbeit keine Erwerbsabsicht verfolgen und ausdrücklich auf einen Lohn verzichten, nicht der obligatorischen Unfallversicherungspflicht unterstellt sind. Letztere Konstellation ist bei steuerbefreiten gemeinnützigen Stiftungen aufgrund der restriktiven Handhabung betreffend Steuerbefreiungen von Stiftungen in der Praxis häufig anzutreffen. Sind nicht obligatorisch in der Unfallversicherung versicherte Verwaltungs- und Stiftungsratsmitglieder bei einer anderen Anstellung sowohl für Berufsunfälle wie auch für Nichtberufsunfälle versichert, erstreckt sich die Versicherungsdeckung auch auf das Mandat des Verwaltungs- bzw. Stiftungsratsmitglieds, sodass freiwillige Versicherungen nicht zwingend notwendig sind.

Quelle: EXPERT Info 2/2025