Im März 2022 hat das Parlament das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses verabschiedet. Ein Konkurs wird als missbräuchlich erachtet, wenn dieser herbeigeführt oder zumindest bewusst in Kauf genommen wird, um Verpflichtungen nicht erfüllen zu müssen. Teilweise wird der missbräuchliche Konkurs gar als Geschäftsmodell betrieben: Mittels des Konkurses entledigt sich eine Gesellschaft bestehender Schulden und Verpflichtungen, wie bspw. Lohnzahlungen. Private Gläubigerinnen, aber auch die Allgemeinheit werden u. a. durch die Übernahme der ausstehenden Lohnzahlungen durch die Arbeitslosenkasse oder den Ausfall von Steuereinnahmen geschädigt. Kurze Zeit nach dem Konkurs wird eine neue Gesellschaft gegründet, die Arbeitnehmenden werden neu angestellt und Aktiven, wie Produktionsanlagen, günstig aus der Konkursmasse herausgekauft. Dies ermöglicht es der neu gegründeten Gesellschaft, die Konkurrenz zu unterbieten, und kann zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Der geschätzte volkswirtschaftliche Schaden missbräuchlicher Konkurse beläuft sich schweizweit auf einen Milliardenbetrag. Per 1. Januar 2025 sind verschiedene Massnahmen in Kraft getreten, welche solches Verhalten bekämpfen sollen. Der vorliegende Artikel beleuchtet die neue Behandlung öffentlich-rechtlicher Forderungen.
Bisherige Regelung
Schuldner, die grundsätzlich dem Konkurs unterliegen (im Handelsregister eingetragene Gesellschaften, Vereine, Stiftungen, Einzelfirmeninhaber), wurden bisher für privatrechtliche Forderungen auf Konkurs und für öffentlich-rechtliche Forderungen auf Pfändung betrieben. Wurden öffentlich-rechtliche Forderungen, wie bspw. Steuern, Sozialversicherungsbeiträge oder Prämien der obligatorischen Unfallversicherung, nicht bezahlt, wurden einzelne Vermögenswerte des Schuldners gepfändet und – sofern die Schuld nach wie vor nicht bezahlt wurde – verwertet. Trotz der Pfändung konnte das schuldnerische Unternehmen seinen Betrieb wie gewohnt weiterführen. Deckte der Verwertungserlös des Pfands nicht die gesamte Schuld, erhielt die Gläubigerin über den Restbetrag einen Pfändungsverlustschein. Faktisch konnte ein Unternehmen trotz mehrerer Pfändungsverlustscheine und damit geschädigter Gläubigerinnen seine Geschäftstätigkeit fortsetzen und weiterhin am Wirtschaftsleben teilnehmen.
Regelung seit 1. Januar 2025
Neu unterliegen auch öffentlich-rechtliche Forderungen den allgemeinen Regeln der Konkursbetreibung. Werden öffentlich-rechtliche Forderungen nicht bezahlt, muss die Behörde die Betreibung auf Konkurs einleiten. Wird die Schuld auch innert der neu angesetzten Frist nicht getilgt und das Konkursverfahren fortgesetzt, wird über das schuldnerische Unternehmen der Konkurs eröffnet. Mit der Konkurseröffnung verliert der Schuldner die Verfügungsmacht über seine Vermögenswerte; diese liegt nun bei der Konkursverwaltung. Der Betrieb wird eingestellt, das Unternehmen tritt in Liquidation und wird als solches im Handelsregister eingetragen. Mit Beendigung des Konkursverfahrens endet die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens. Anschliessend erfolgt die Löschung der Firma im Handelsregister, wodurch auch ihr rechtliches Dasein endet. Der Wechsel zu Betreibung auf Konkurs soll dazu führen, dass schuldnerische Unternehmen möglichst schnell aus dem Geschäftsverkehr gezogen werden können, um zu verhindern, dass sie andere Wirtschaftsteilnehmer und die Allgemeinheit weiter finanziell schädigen können.
Quelle: EXPERT Info 1/2025